Unzählige Familien träumen von ihren eigenen vier Wänden, um ihren Kindern genug Platz zum Spielen, Toben und Heranwachsen zu geben. Gerade in diesen Zeiten wirkt ein eigener Garten und die Sicherheit des Eigenheims unerlässlich, doch wird es in Deutschland auch zunehmend schwieriger, bezahlbare Immobilien zu finden, ganz besonders in Ballungsgebieten.
Seit einigen Jahren ist diese Problematik auch in der Politik angekommen und so hat die damalige große Koalition 2018 im Zuge ihrer “Wohnraumoffensive” das Baukindergeld, auch Kinderbaugeld genannt, im Bundestag beschlossen. Ziel dieser Initiative war es sowohl die Wohneigentumsquote von jungen Familien in Deutschland zu erhören, da diese im Vergleich zum europäischen Ausland sehr niedrig ist, als auch den Wohnanforderungen von jungen Familien gerecht zu werden. Ferner stellt Wohneigentum einen wichtigen Baustein zur Vermögensbildung dar.
Kinderbaugeld: Eine Unterstützung für das familäre Bauvorhaben
Seit September 2018 offiziell und rückwirkend seit Januar 2018 fördert der Staat finanziell damit gezielt Familien, ihrem Traum vom Eigenheim ein Stück näher zu kommen. Diese Hilfe neigt sich jedoch jetzt dem Ende dazu, da nur noch Bauvorhaben und Kaufpläne unterstützt werden, deren Vertrag oder Baugenehmigung bis zum 31.03.2021 unterzeichnet wurden. Ursprünglich sollte die Förderung sogar nur bis Ende 2020 laufen, was jedoch durch den Ausbruch der Corona Pandemie und den damit zusammenhängenden Konsequenzen u.a. im Baugewerbe um drei Monate erweitert wurde.
Baukindergeld: Was genau bedeutet das und für wen ist es geeignet?
Die staatliche Förderung Baukindergeld ist ein direkter Zuschuss zum Ersterwerb einer Wohnimmobilie, die ausschließlich für die Eigennutzung gedacht ist. Die Leistungsempfänger müssen also ein Haus oder eine Eigentumswohnung neu kaufen oder bauen, um für die Förderung in Frage zu kommen. Die Abwicklung und Vergabe verläuft über die staatliche Bank KfW. Die Höhe der Leistung hängt von der Anzahl der zu fördernden Kinder in der Familie ab; so erhalten Familien oder Alleinziehende €12.000 pro Kind, verteilt über 10 Jahre. Jedes Jahr werden so €1200 pro Kind ausgezahlt. Das Fördergeld hat außerdem die Kondition, dass die Familie nicht zu den Großverdienern gehören darf.
Bei einem Kind darf das Jahresbruttoeinkommen €90.000 nicht übersteigen, bei jedem weiteren Kind erhöht sich dieser Maximalbetrag um jeweils weitere €15.000. Darüber hinaus müssen alle bezugsrelevanten Kinder minderjährig sein und die Familie darf keine weiteren Wohnimmobilien in Deutschland besitzen, wobei Ferienwohnungen hierbei kein Hindernis darstellen. Die Förderung gilt bundesweit und muss nicht zurückgezahlt werden. Die einzige Ausnahme, die unter den Bundesländern hervortrat, war Bayern. Der Freistaat unterstützt Familien, die das Kinderbaugeld beantragt haben, zusätzlich mit 300 Euro jährlich pro Kind, allerdings nur bei Anträgen, die bis zum 31.12.2020 eingegangen sind.
Auf das Kleingedruckte achten
Einige Antragsteller mussten sich über verschiedene Hindernisse kämpfen, denn der Teufel liegt wie oft bei vielen offiziellen Anträgen im Kleingedruckten. Das Baukindergeld darf, zur Kritik Vieler, nicht für Modernisierungen, Renovierungen oder Sanierungen eingesetzt werden, sondern dient ausschließlich dem Neukauf einer Immobilie. Auch Familien von Häusern, die in den Jahren vor 2018 gekauft wurden, aber wegen ausstehender Renovierungsarbeiten noch nicht einzugsbereit sind, können von der Förderung nicht profitieren.
Zudem können Häuser, die innerhalb von Familien in gerader Linie verkauft werden, nicht gefördert werden. Das bedeutet, dass ein Paar mit Kindern den eigenen Eltern oder Großeltern kein Haus abkaufen kann. Auch dürfen Partner, auch wenn unverheiratet und nicht am gleichen Ort gemeldet, keine weitere Wohnimmobilie besitzen. Die einzige nennenswerte Ausnahme, die es hier gibt, ist, dass geschiedene Eheleute voneinander Immobilien kaufen können, so lange die Scheidung bei Unterzeichnung des Vertrags bereits vollzogen ist. Letztlich sind vererbte oder geschenkte Immobilien nicht förderbar oder solche, auf denen ein Nießbrauchrecht besteht.
Wirkung und Nutzen
Ziel der Initiative war es, Familien mit niedrigen und mittleren Einkommen den Zugang zum Immobilienmarkt zu erleichtern, die Wohneigentumsquote zu erhöhen und Familien in angemessenen Wohnverhältnissen unterzubringen. Bisher gibt es wenig Auskunft darüber, ob diese Ziele adäquat erreicht werden konnten, allerdings stehen erste Zahlen und Vermutungen zur Verfügung. Laut eines Zwischenberichts der KfW lagen bis Ende 2020 knapp unter 310.000 Anträge für das Kinderbaugeld vor. Von diesen Anträgen wurden die große Mehrheit mit über 86% von Familien mit Kindern unter sechs Jahren gestellt, was darauf hindeutet, dass das Ziel, junge Familien vorrangig zu unterstützen, erreicht werden konnte. Die Mehrzahl dieser Familie hatte ein bis zwei Kinder.
Auch konnten einkommensschwache Familien unterstützt werden, da die meisten Antragsteller, über 60%, ein Jahreseinkommen von unter €40.000 aufwiesen.
Zudem zeigten erste Erkenntnisse, dass das Kinderbaugeld in Ostdeutschland, also in einer Region, wo überdurchschnittlich viele Geringverdienerfamilien leben, gut angenommen wird. Das Institut der deutschen Wirtschaft erwartet außerdem, dass das Baukindergeld vorrangig den Neubau in Regionen anfeuern wird, in denen dieser nicht notwendig wäre und wo keine weiteren Neubauten benötigt werden, und somit auch die Preisspirale weiter nach oben treiben wird. Auch prophezeien sie, dass die Leerstandsprobleme einiger strukturschwachen Regionen dadurch noch verschlimmert werden könnten. Es bleibt zudem fraglich, ob das Baukindergeld tatsächlich dazu führt, dass mehr Familien eine Immobilie bauen oder erwerben, oder ob das Geld lediglich als Bonus angesehen wird.
Zukünftig werden die Auswirkungen und angestrebten Effekte sichtbarer werden. Die IWU Institut Wohnen und Umwelt GmbH führt derzeit eine Studie zu dem Thema durch. Die Studie untersucht durch die Befragung von Baukindergeldempfängern und der Auswertung von Förderstatistiken in den Förderjahren 2018-2020, ob die von der ehemaligen Bundesregierung formulierten Ziele erreicht werden konnten.
Kinderbaugeld: Kritische Stimmen
Bereits bei der Einführung des Kinderbaugeld gab es unzählige kritische Stimmen, die auch mit den Jahren nur wenig nachgelassen haben. Die Wirkung kann, wie bereits beschrieben, bisher nur bedingt analysiert werden, doch haben Experten allerlei Bedenken. Einer der Hauptkritikpunkte, der jedoch durch erste Erkenntnisse teilweise entkräftet werden konnte, ist, dass die Förderung nicht sozial sei, sondern sich primär an die Mittelschicht, die ohnehin Immobilien erwerben wolle, richte. Somit erhielten junge Familien zwar eine Finanzspritze, doch ändere sich nichts daran, das seh einkommensschwache Familien weiterhin auf zu engem Wohnraum hausen.
Dies ist eng verknüpft mit dem sogenannten Mitnahmeeffekt, einem weiteren Kritikpunkt, der besagt, dass Familien das Geld lediglich “mitnehmen”, da es zur Verfügung steht, dies aber die Kaufentscheidung nicht beeinflusst.
Ein weiteres Problem ist die akute Wohnungsnot in Deutschland, die durch das Kinderbaugeld nicht aktiv verbessert wird. Generell gibt es zu wenig bezahlbaren Wohnraum, speziell in den Ballungsräumen, und dies bedürfe laut einiger Kritiker mehr sozialen Wohnungsbau und weniger direkte Finanzierungsmöglichkeiten wie das Baukindergeld. Ebenso unterscheiden sich Regionen immer weiter voneinander und ohnehin strukturschwache Regionen wie die Eifel oder Teile Ostdeutschlands werden mit dieser staatlichen Hilfe nicht explizit gefördert. Dadurch könnte sich der dortige Leerstand noch verschlimmern.
Ein anderer Kritikpunkt ist, dass sich die meisten Familien keine Immobilien leisten können, da ihnen keine Finanzierungsmöglichkeiten offen stehen und sie ohne ausreichendes Eigenkapital keine Kredite bewilligt bekommen. Die meisten Banken jedoch akzeptieren das Baukindergeld nicht als Teil des Eigenkapitals, womit ihnen der Zugriff auf den Immobilienmarkt weiterhin versagt bleibt. Als letzten Punkt kritisieren viele Verbände die immensen Verwaltungskosten für den Bund. So wurden die Gesamtkosten 2018 ursprünglich auf circa 2 Milliarden Euro geschätzt, in der Zwischenzeit jedoch liegen die Gesamtkosten bei über 10 Milliarden Euro, da es zu viel mehr Anträgen kam als damals erwartet.
Ausblick auf morgen beim Kinderbaugeld
Das derzeitige Kinderbaugeld gibt es nur noch für laufende, bereits gestellte Anträge: seit dem 31.03.2021 können keine weiteren Anträge mehr gestellt werden. Wie soll es also weitergehen? Einige Verbände fordern seit dem Auslauf der Förderung eine Verlängerung oder eine Wiedereinführung des Baukindergeldes oder eines ähnlichen Instruments. Es ist jedoch fraglich, ob es tatsächliche eine Zukunft für das Baukindergeld geben wird, da sich die neue Koalition aus SPD, die Grünen und FDP auf andere Bereiche der Wohnpolitik, wie den sozialen Wohnungsbau und die Digitalisierung des Wohnungsbau, fokussiert haben.
Andererseits spezifizieren die Koalitionsparteien in ihrem Koalitionsvertrag ausdrücklich die Förderung von Wohneigentum. Dies soll beispielsweise dadurch geschehen, dass das Eigenkapital durch Darlehen ersetzt werden können oder Schwellenhaushalte, also Haushalte mit niedrigerem Einkommen, durch Tilgungszuschüsse unterstützt werden. Beide Punkte könnten eventuell dazu führen, dass sich beim Kinderbaugeld kritisierte Aspekte wie das Fehlen des Eigenkapitals und die unsoziale Verteilung der Förderung verbessern. Die jetzige Regierung wird in jedem Fall weiterhin Lösungen für sowohl die andauernde Wohnungsknappheit für junge Familie als auch für die niedrige Wohneigentumsquote in Deutschland finden müssen.
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