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Holz richtig ölen: So gelingt es in wenigen Schritten

von Marc Hettenberger
holz ölen

Noch in den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts kam es vor, dass Familien, die in uralten Bauernhäusern lebten, ihre prächtigen alten Holzmöbel aus den Stuben rissen, im Hof zertrümmerten oder zersägten und statt dessen neue, mit Resopal überzogene Möbel einbauten. Schrecklich! Was damals als ‚modern‘ galt, gilt uns heute als die reinste Barbarei, und so gut wie jeder Mensch, der ein wenig Geschmack und ein Empfinden für Natur und natürliche Produkte hat, weiß gerade ein schönes Holzmöbel oder auch eine Wandvertäferung aus Holz zu schätzen.

Holz lebt. Jedes Holz hat seinen eigenen Charakter. Kein Stück Holz sieht jemals wie irgend ein anderes aus. Jedes einzelne aus Holz gefertigte Teil steht für absolute Individualität. Nicht ohne Grund sind Möbel aus Holz teurer als Billigware. Sie sind ja auch in jeder Hinsicht wertvoller. Holz ist nicht nur optisch schön und fühlt sich angenehm an. Es ist auch haltbar, siehe jene Möbel, die tatsächlich damals im Schwarzwald als Brennholz endeten; Die Szene ist (leider) nicht erfunden.

Holz ölen: Haltbarkeit gezielt verbessern

Wie alles Lebendige und Kostbare braucht Holz allerdings Fürsorge und Pflege. Nur Ignoranten rücken ihren hölzernen Begleitern mit Lackfarbe auf den Pelz. Wer das tut, zerstört abrupt, was so schön begonnen hatte. Lasieren mag unter Umständen angehen, Wachsen ist durchaus eine Alternative, je nach Situation. Die beste Pflege lassen wir Holz aber nicht mit dem einen oder dem anderen angedeihen, sondern mit Öl. Gut geölte Gegenstände behalten ihre lebendige Optik und Haptik, und das Öl verbessert auch noch zusätzlich ihre Haltbarkeit. Gut gepflegtes – soll heißen: geöltes – Holz überdauert Jahrhunderte. Manches alte Holzhaus steht noch, wenn der eine oder andere Prachtbau aus Beton längst wieder abgerissen ist. Wir müssen uns nur umsehen, um das zu erkennen.

Holz richtig ölen kostet Zeit, ist aber einfach

Mancher, der sich erstmals auf das anfangs als Abenteuer empfundene Vorhaben einlässt, schrickt zuerst zurück, wenn er hört oder liest, wie langwierig das fachgerechte Ölen von Holz anscheinend ist. Tatsächlich können dafür mehrere Tage notwendig sein. Das hat nichts mit der Größe des zu behandenden Teiles zu tun. Selbst große Flächen sind in kürzester Zeit eingeölt. Die lange Dauer ergibt sich durch das anschließende ‚Trocknen‘, wobei dieser Prozess mit Trocknen im Sinn von Verdunsten nichts zu tun hat. Auch das ist ein weit verbreiteter Irrtum. Öl verdunstet auf Holz nicht, sondern reagiert mit der Umgebungsluft und verharzt.

Die lange Wartezeit, die sich dadurch ergibt, können wir für andere Arbeiten nutzen. Nur ist es wichtig, in bestimmten Abständen nach der eingeölten Fläche zu sehen und bei Bedarf nachzuarbeiten. Die Fläche, die wir ölen wollen, muss fett- und staubfrei sein. Am Anfang war – das Schleifpapier… Als weitere Utensilien brauchen wir darüber hinaus natürlich geeignetes Öl (dazu später mehr), sowie Pinsel, Rolle oder Lappen, und seien es alte Hemden, die sonst auf dem Müll landen würden. Stoff darf allerdings nicht fusseln. Was genau zum Auftragen des Öls verwendet wird, ist letztlich egal. Das Öl kann sogar aufs Holz gekippt und dann, womit auch immer, verteilt werden.

Der erste Auftrag darf und sollte durchaus reichlich ausfallen, damit das Öl gut ins Holz einziehen kann. Dann heißt es zum ersten Mal warten. Nicht länger als zwanzig Minuten allerdings. Dann ist der zweite Arbeitsschritt fällig. Diesmal wirklich am besten mit einem aufnahmefähigen Lappen alles überschüssige Öl abwischen. Auch manche ausrangierten Kunststoff-Schwämme lassen sich dafür einsetzen. Wichtig: Fürs Ölen verwendete Gegenstände später niemals offen herumliegen lassen, sondern, wenn sie noch einmal benutzt werden sollen, unbedingt unter Wasser (!) aufbewahren, sonst können sie sich später selbst entzünden. Andernfalls je nach Material sach- und fachgerecht entsorgen.

Abwarten und nochmals ölen

Jetzt kommt die erste längere Wartephase, und die kann schon ‚mal bis zu einem Tag dauern. Wie lange, das hängt von der Holzart ab. Manche Hölzer sind weich und offenporig, manche hart und wenig saugfähig. Immer wieder kontrollieren ist wichtig, unter anderem, um zu erkennen, ob sich irgendwo ‚Höfe‘ gebildet haben, eine Art Öl-Pfützen. Wer die nicht gleich nachwischt, wird sie unter Umständen nur noch durch aufwändiges und an sich überflüssiges Schleifen wieder los. Nach etwa einem Tag ist das gute Stück bereit für die nächste Ölung. Diesmal wird weniger Öl verwendet, dafür wird es umso sorgfältiger auf der Oberfläche verteilt, und wieder heißt es: regelmäßig nachsehen, ob alles schön gleichmäßig ‚trocknet‘.

Auch jetzt gegebenenfalls wieder nachwischen. Je nachdem, was für einen Gegenstand – Tisch, Bett, Schrank oder was auch immer – Sie sich vorgenommen haben, können gut drei oder vier solche Durchgänge notwendig oder mindestens empfehlenswert sein. Innenseiten von Schränken oder Rückseiten von Möbelstücken brauchen nicht so oft geölt zu werden. Sie werden ja kaum beansprucht. Tischoberflächen oder Ränder von Möbelstücken aller Art vertragen dagegen gut die eine oder andere zusätzliche Runde. Wie gesagt: das Ölen selbst ist immer nur eine Sache von wenigen Minuten. Was ‚zählt‘, ist geduldiges Warten, Beobachten und notfalls Einschreiten. Das so behandelte gute Stück wird es seinem Besitzer danken.

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Carlos andre Santos/shutterstock.com

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Innenseiten von Schränken oder Kommoden weniger stark zu ölen hat einen weiteren sachlichen Grund, außer dass dadurch Zeit gespart wird. Werden Möbel mit geölten Innenflächen zu schnell, weil angeblich fertig, geschlossen, kann sich ein muffiger Geruch entwickeln, der über Jahre hinaus nicht mehr wegzukriegen ist. Dann hat der Hand-Werker genau das Gegenteil von dem erreicht, was er erreichen wollte. Eine der schönen Eigenschaften von geöltem Holz ist bekanntlich sein Geruch. Nicht nur, aber vor allem derjenige, der oft und gerne im Wald unterwegs ist, kennt dieses „Ahh…“-Erlebnis. So riecht einfach nur Wald. So riecht Holz, und wir lieben es.

Ausnahmen (etwa bei Allergien) bestätigen gelegentlich die Regel, aber doch nur selten. Zu vermeiden ist dieser muffige Geruch nicht nur durch geringeres Ölen, sondern auch durch noch längere Wartezeiten. Lieber ein, zwei oder auch drei Tage länger offen stehen lassen, auch wenn das Öl anscheinend schon ausgehärtet ist. Sicher ist sicher.

Das ist im Prinzip alles. Holz ölen heißt einfach nur: ein bisschen Handarbeit und dann – abwarten und Tee trinken. Ganz einfach, oder?

Einige Dinge im Umgang mit Öl und Holz gibt es dann doch zu beachten

Einer der am weitesten verbreiteten und gleichzeitig schlimmsten Fehler beim Ölen von Holz ist es, ungeeignetes Öl zu benutzen. Dass Mineralöle oder deren Derivate definitv ausscheiden, muss vermutlich nicht eigens betont werden. Wer aber glaubt – und das gibt es aus Unwissenheit sehr oft -, er könne mit jedem beliebigen Speiseöl ans Werk gehen, begeht einen schwerwiegenden Irrtum. Zum Holzölen sind nur wenige Öle wirklich geeignet. Um wirklich richtig aushärten zu können, muss das verwendete Öl einen möglichst hohen Anteil an ungesättigten Fettsäuren haben. Unter den pflanzlichen Ölen kommt unter anderem deshalb fast ausschließlich Leinöl in Frage.

Manche Hersteller, vor allem solche, die sich auf Naturprodukte im Baubereich spezialisiert haben, führen nicht ausschließlich reine, sondern mit bestimmten Methoden weiter behandelte Leinöle, die noch besser geeignet sind als das originäre Öl. Bei Ölen, auch Hartöl, die von konventionellen Herstellern angeboten werden, ist zumindest eine gewisse Vorsicht geboten. Da wird zwar gerne auf frisches Bienenwachs oder ähnlich natürlich klingende Zutaten verwiesen. Auf andere weniger natürliche Zutaten weisen diese Hersteller dagegen in der Regel mit gutem (schlechtem) Grund nicht hin.

Bei der Auswahl des richtigen Öls ist es deshalb empfehlenswert, sich von einem Fachmann des eigenen Vertrauens ausführlich beraten zu lassen. Das bisschen Zeit und Aufand sollte dem Besitzer ein gutes Holzmöbel allemal wert sein, auch wenn das zuletzt ausgewählte Produkt vielleicht etwas teurer sein sollte als andere.

Aushärten und polieren

Beim Ölen allein muss es übrigens nicht bleiben. Nach dem vollständigen Aushärten kann zusätzlich poliert werden. Je nach Holzart verleiht das dem behandelten Stück zusätzlichen Glanz. Wenn eine Oberfläche nicht ganz so ausfällt wie erhofft, was gelegentlich vorkommt, kann es ratsam sein, einen Schleifgang mit sehr feinem Schleifpapier einzulegen (240er oder 320er Körnung sind geeignet). Dann folgt ein weiterer, vielleicht letzter Durchgang mit Öl. Beim Schleifen können nebenher kleine Unebenheiten oder Kratzer etwas ausgeglichen werden, was sich ebenfalls positiv auswirkt.

Holz ölen: Zwei Missverständnisse, die beseitigt werden sollten

Es gibt zwei Annahmen, die weit verbreitet, aber falsch sind. Die eine ist, das Ölen von Holz sei auch gut für den Außenbereich. Zumindest was die Verwendung von Leinöl angeht, ist das absolut irrig. Leinöl eignet sich für die Anwendung im Außenbereich nicht. Weil es nicht lichtbeständig ist, werden so behandelte Holzflächen rasch grau und unansehnlich. So lieb uns auch alles ist, was ’natürlich‘ daherkommt: Draußen ist eher eine qualitativ hochwertige Lasur anzuraten als Öl. Auch unter Lasuren gibt es heute naturnahe Produkte. Hier wie beim Öl heißt es, fachmännische Beratung in Anspruch zu nehmen.

Die andere falsche Annahme ist, dass von Öl auf Holz in Nassräumen wie Bad oder Sauna abzuraten sei. Genau das Gegenteil ist richtig! Öl auf Badezimmer-Möbeln aus Vollholz ist schon deshalb zu empfehlen, weil das geölte Holz atmen und damit Wasser sowohl aufnehmen als auch anschließend wieder abgeben kann! Wird Holz in Nassbereichen womöglich lackiert, so wird ihm die Fähigkeit zu atmen und damit zu ‚leben‘ genommen. In der Folge nimmt die Haltbarkeit des Holzes rapide ab.

Holz zu ölen ist einfach und nicht teuer. Der Anblick von geöltem Holz ist schon allein ein optischer Genuss, und außerdem fühlt sich geöltes Holz wunderbar an. Besser lässt sich Holz nicht pflegen und für die Zukunft erhalten.

Bildquelle Titelbild:

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