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Fertighaus aus Polen: Abenteuer oder Traumlösung?

von Marc Hettenberger
fertighaus aus polen

Für viele Familien, oft jung und am Start des Familienlebens, ist der Bau eines Fertighauses eine interessante Möglichkeit, schnell zu einem zu Hause zu kommen. In wenigen Wochen steht das Haus. Seit einigen Jahren machen Fertighäuser, die aus unserem Nachbarland Polen kommen, von sich reden. Diese Lösungen von Herstellern aus unserem EU-Nachbarland sind preisgünstig. Manche Kunden befürchten allerdings Qualitätsmängel.

Fertighaus aus Polen: Die polnische Handwerkstradition

Wer handwerkliche und industrielle Produkte aus Polen mit Vorurteilen belegt, handelt wirtschaftlich wenig vernünftig. Polen hat in den letzten 20 Jahren eine rasante wirtschaftliche Entwicklung hinter sich. Polnische Arbeitskräfte gelten als hoch qualifiziert. Ähnlich wie in Deutschland werden sie im Betrieb und in der Schule gleichzeitig ausgebildet. Die polnische Handwerkstradition ist Legende. Der Wiederaufbau von Danzig etwa gehört weltweit zu den Referenzprojekten der Handwerkskunst am Bau. Bei fast jedem Bauprojekt mit hohen handwerklichen Anforderungen in Europa sind Handwerker oder Firmen mit polnischer Abstammung im Einsatz.

Die Bauästhetik in Polen entspricht heute mitteleuropäischen Vorstellungen. In Architekturwettbewerben etwa der Zeitschrift Schöner Wohnen haben polnische Häuser schon das Finale erreicht. Das polnische Institut in Berlin hat in den vergangenen Jahren in faszinierenden Ausstellungen aufgezeigt, wie fortgeschritten die polnische Architektur heute ist. Sie reicht von den Einflüssen aus den polnischen Landsitzen bis hin zu avantgardistischen Elementen.

Produktionsvorteile am Standort Polen

Polen ist alles andere als ein „Billiglohnland“. Polen ist eine hoch industrialisierte Wirtschaftsnation mit zahllosen handwerklichen Betrieben. Dennoch lohnt sich aufgrund niedrigerer Produktionskosten in Polen für die dortigen Handwerker und Industriebetriebe der Wettbewerb in der EU. Liegen die Arbeitskosten je Stunde nach Angaben von Eurostat in Deutschland bei 35 Euro, betragen sie in Polen rund 10 Euro. Sie sind dort damit immer noch fast doppelt so hoch als in Rumänien oder Bulgarien. So können polnische Firmen, besonders aus arbeitsintensiven Branchen wie dem Fertigbau, Preise in Europa leicht unterbieten.

Aufgrund der niedrigen Arbeitskosten muss das nicht durch billige Materialien oder Pfusch erreicht werden, sondern ist in den niedrigeren Kosten für das Personal begründet. So erreichen viele polnische Firmen auf den europäischen Märkten mit vergleichsweise niedrigeren Preisen höhere Erlöse als im Heimatland. Wer hier auf Vorurteilen hocken bleibt, schadet nur seinen eigenen wirtschaftlichen Interessen.

Polnische Fertighausanbieter

Der Blick über die Grenze auf den Fertighausmarkt der polnischen Anbieter lohnt sich. Der gesamte Hausaufbau wird in Polen hergestellt und auf die Bodenplatte oder den vorhandenen Keller aufgestellt. Üblich ist auch hier der schlüsselfertig Auf- und Ausbau. In Polen werden jährlich etwa 15.000 Fertighäuser produziert. Führend am polnischen Fertighausmarkt ist der größte dortige Hersteller, die Fertighausfirma Danwood. Die Wurzeln des Unternehmens liegen bei einem 1972 gegründeten Baugeschäft, das sich bis in die neunziger Jahre zum überregionalen Anbieter Unibud entwickelte. Unibud schloss mit dem dänischen Hersteller Danwood eine Partnerschaft.

Die Dänen übernahmen die Planung der Häuser und den Vertrieb, die Herstellung erfolgte in Polen. Kurz nach der Jahrtausendwende kaufte Unibud das dänische Unternehmen auf und vertreibt seitdem seine Häuser in Deutschland unter der Marke Danwood. Danwood beschäftigt mehr als 1.300 Mitarbeiter und bedient die europäischen Märkte nicht nur in Deutschland. Heute steht der größte polnische Baukonzern hinter der europaweit erfolgreichen Fertighausfirma. Durchschnittlich werden in Deutschland täglich 4 neue Häuser ausgeliefert. Die Firma bietet vom günstigen 82 Quadratmeterhaus über die Villa bis zum Doppelhaus alles schlüsselfertig an, was der Markt sucht.

Längst werden von polnischen Firmen auch KfW-Effizienzhäuser mit energiekostensparenden Bauweisen angeboten. Gute Erfahrungen haben manche polnische Anbieter besonders im Holzhausbau. Die polnische Firma Galla liefert ausschließlich Energiesparhäuser, manche davon in überaus attraktivem Blockhausbau. Die Firma DREWMAR Jacek Przybylski Blockhaus in Bielsko-Biała verkauft energieeffiziente Holz- und Steinhäuser. Auf Holzhäuser spezialisiert ist die Firma DK Konrad Dziliński aus Ciechanów. Einige deutsche Fertighausfirmen haben sich auf den Import von Fertighäusern aus Polen spezialisiert.

Die Firma PAB-Varioplan GmbH aus Neckarsulm entstand aus dem Zusammenschluss der deutschen PAB Passivhaus GmbH und dem polnischen Unternehmen Varioplan. Sie verkauft und errichtet Häuser in ganz Deutschland, die aus Polen geliefert werden.

polnisches fertighaus

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Mögliche Risiken beim Fertighausbau

Der Bau eines Fertighauses ist im Vergleich zum traditionellen Hausbau schneller und einfacher, aber dennoch ein großes Projekt im Leben einer Familie. Es wird häufig das gesamte Vermögen investiert und so müssen die Risiken wohl überlegt werden. Im Fertighausbau können durchaus erhebliche Risiken entstehen. Wird as Haus aus einem Land geliefert, dessen Sprache der Bauherr nicht versteht, könnten sich Risiken erheblich vermehren. Das Haus wird nicht termingerecht geliefert oder fertiggestellt. Es treten nach der Fertigstellung Risse oder ähnliche Fehler im Material auf. Verständigungsprobleme mit dem polnischen Partner erschweren Entscheidungen und kosten Zeit und Geduld. Verträge werden nicht eingehalten und die Klage vor einem polnischen Gericht fällt schwer.

Goldene Regeln für den Kauf eines polnischen Fertighauses

Wer sich für ein Fertighaus aus Polen entscheidet, sollte einige Regeln beachten. Unverzichtbar ist, dass es ein deutsches Vertriebsnetz gibt. Vertragspartner sollte wenn möglich eine deutsche Niederlassung oder deutschen Vertriebspartner sein. Nur so kann die für einen deutschen Bauherrn schwierige Perspektive der Klage vor einem polnischen Gericht vermieden werden. Größere polnische Hersteller verfügen über solche Vertriebsnetze in Deutschland. Für den deutschen Bauherren ist es unverzichtbar, einen deutschsprachigen Gesprächspartner zu haben. Beachten Sie, dass das Hausfundament nach deutschem Recht nur von in Deutschland ansässigen Firmen errichtet werden darf.

Deshalb sollte der polnische Fertighauspartner selbst Partnerfirmen haben, die das Fundament für ihn errichten. Andernfalls muss der Bauherr ein örtliches Unternehmen mit der Errichtung des Fundaments in Absprache mit dem Lieferanten des Fertighauses beauftragen. Achten Sie generell darauf, dass der Anschluss der örtlichen Versorgungsleitungen geregelt ist. Bitten Sie vor der Entscheidung für einen polnischen Lieferanten um Referenzen, die Sie überprüfen können. Auf einen Vertragsabschluss mit einem Vertragspartner in Polen sollte sich nur einlassen, wer die polnische Sprache beherrscht. Achten Sie auf Zertifikate und lassen Sie sich im Vertrag ausreichende Garantien, wie in Deutschland üblich, geben.

Es gibt am Markt polnische Hersteller von Fertighäusern, die auf die von ihnen errichteten Gebäude bis zu 40 Jahren Garantie gewähren. Schließen Sie einen Vertrag mit günstigen Zahlungsbedingungen. Vor Lieferung und Aufbau des Hauses sollten Sie keine oder nur geringe Anzahlungen leisten. Sollten sich Anzahlungen nicht vermeiden lassen, sollten Sie sich über eine Wirtschaftsauskunftei Informationen über das Unternehmen einholen. Das kostet nur wenige hundert Euro. Wenig ratsam ist es dagegen, sich auf Foren im Internet zu verlassen. Hier kann nicht kontrolliert werden, von wem mit welchen Interessen die Einträge stammen.

Wer den gesetzlichen Mindeststandard beim Energieverbrauch unterschreitet, hat beste Aussichten auf eine Förderung durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) in Frankfurt. Erkundigen Sie sich bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau, ob Förderungskriterien der KfW durch den Lieferanten erfüllt werden, damit Sie beim Bau von energiesparenden Häusern oder Niedrigenergiehäusern entsprechende Förderungen mitnehmen können. Prüfen Sie, ob der Fertighaushersteller über einen Architekten oder Ingenieur verfügt, der in Deutschland den Bauantrag stellen kann oder ob Sie einen gesonderten Architekten engagieren müssen. Die meisten größeren Anbieter werden über solche Spezialisten verfügen.

Das polnische Fertighaus ist eine gute Alternative

Das Fazit erscheint eindeutig. Polnische Handwerker und polnische Hersteller liefern in aller Regel höchste Qualitätsarbeit. Polnische Handwerkskunst gerade am Bau zählt zu dem Besten, was Europa zu bieten hat. Der polnische Anbietermarkt für Fertighäuser ist schon deshalb eine interessante Alternative für den Bauherrn in Deutschland. Die günstigen Preise kommen nicht durch Qualitätsmängel, sondern infolge der niedrigen Arbeitskosten in Polen zustande. Da der Käufer von Fertighäusern weder bei deutschen noch bei polnischen Firmen vor schwarzen Schafen gefeit ist, sollten einige Grundregeln bei der Vertragsgestaltung und der Planung beachtet werden.

Bildquelle Titelbild:

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