Wir leben in komplizierten Zeiten. Auch Häuslebauer und Immobilienkäufer stehen momentan vor besonderen Herausforderungen: Die Preise für Baumaterialien sind stark gestiegen, Wohneigentum wird generell immer teurer und Handwerkertermine sind kaum zu bekommen. Aber auch die Bauzinsen sind zuletzt gestiegen. Wie geht es mittelfristig mit den Bauzinsen weiter? Was würde ein weiterer Anstieg für Baufinanzierungs-Vorhaben bedeuten? Dieser Artikel wagt einen Ausblick.
Entwicklung der Bauzinsen in der jüngeren Vergangenheit
Die Bauzinsen haben im vergangenen Jahrzehnt zunächst einen stetigen Rückgang erlebt – von etwa 3 Prozent im Jahr 2012 bis auf unter 0,5 Prozent. Im Oktober 2020 lag die Sollzinsbindung für einen Zeitraum von 10 Jahren etwa bei sehr niedrigen 0,4 Prozent. Ende 2021 begann sich dieser Abwärtstrend dann umzudrehen – in einem rasanten Tempo. Im Frühjahr 2022 wurde dann die wichtige Grenze von 3 Prozent überschritten. So lag die Sollzinsbindung für einen Zeitraum von 10 Jahren im Juni bei 3,04 Prozent.
Warum sind Bauzinsen zuletzt gestiegen?
Wichtiger Grund: die allgemeine Inflationsrate. Im Mai 2022 lag sie in Deutschland bei 7,9 Prozent. Das markierte den höchsten Stand seit fast 50 Jahren. Laut Statistischem Bundesamt ist sie im Juli leicht auf 7,5 Prozent gesunken, was aber immer noch einen sehr hohen Wert darstellt. Vor allem die Preise für Energie und Lebensmittel haben sich in diesem Jahr massiv erhöht. Die Inflationsrate zeigt an, wie stark die Preise für eine definierte Auswahl an Waren und Dienstleistungen (der so genannte Warenkorb) in einem bestimmten Zeitraum gestiegen sind. Der Anstieg des Preisniveaus sorgt dafür, dass die Kaufkraft des Geldes abnimmt.
Gründe für die starke Inflation
Wie bei vielen volkswirtschaftlichen Entwicklungen hängt auch die Inflationsrate vor allem von Angebot und Nachfrage ab. Die Produktionskosten für Güter sind zuletzt in einem globalen Maßstab gestiegen. Zudem sind seit Beginn der Coronapandmie Anfang 2020 die Lieferketten durch Personalausfälle empfindlich gestört worden. Verschärft wurde die bereits angespannte Situation durch den Krieg in der Ukraine. Dieser hat insbesondere zu Rohstoffengpässen geführt. Russland hat Gaslieferungen zurückgefahren und teilweise sogar eingestellt. Gleichzeitig konnten Millionen Tonnen Getreide nicht wie geplant aus der Ukraine exportiert werden.
Diese Entwicklungen haben zu einer starken Verknappung des Angebots in vielen Bereichen geführt. Das führt wiederum bei einer gleichbleibend hohen Nachfrage unweigerlich zu einem Anstieg der Preise.
Leitzinserhöhung durch die EZB
Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Leitzins zuletzt 2011 angehoben. Seit März 2016 lag er im Euroraum sogar bei konstant null Prozent. Die Entwicklungen auf Europas Märkten und die Ukraine-Krise haben die EZB 2022 jedoch dazu bewegt, den Leitzins auf 0,5 Prozent zu erhöhen. Am 27. Juli 2022 trat die Anhebung in Kraft.
Prognose: Entwicklung der Bauzinsen
Bernd Hertweck, Vorstandsvorsitzender der großen Bausparkasse Wüstenrot, warnte zuletzt im Interview mit der Bild am Sonntag vor steigenden Zinsen. Diese hätten direkte Auswirkungen auf den Wunsch vieler Menschen nach einem Eigenheim. Auch Experten der Sparkasse rechnen damit, dass die Bauzinsen weiter steigen werden. Mindestens bis ins Jahr 2023 hinein. Der überhitzte Immobilienmarkt und die dadurch steigenden Risiken bei Immobilienkrediten werden als weiterer Teuerungsfaktor genannt. Die daraus resultierenden Kosten werden Kreditinstitute zumindest teilweise auf ihre Kunden umlegen müssen.
Comeback eines Klassikers
In der Niedrigzinsphase des vergangenen Jahrzehnts galt er bereits als Auslaufmodell oder gar komplett überflüssig. Doch nun könnte der Bausparvertrag eine echte Renaissance erleben. Sogar die Tagesschau berichtete zuletzt über eine stark gestiegene Nachfrage nach Bausparverträgen. Tatsächlich sehen diverse Finanzexperten die momentane Phase mit Bauzinsen von über 3 Prozent als perfekten Zeitpunkt für den Einstieg. Dabei kann ein Bausparvertrag nicht nur für neue Finanzierungen interessant sein. Auch für Eigentümer, bei denen eine Anschlussfinanzierung der Restschuld ansteht, kann sich der Abschluss lohnen. Besonders lukrativ wird ein Bausparvertrag beim aktuellen Zinsniveau durch staatliche Zulagen.
Fazit
Der Trend der steigenden Zinsen wird zumindest mittelfristig anhalten. Bauzinsen Vergleich, Entwicklung und Prognose – Immobilieninteressierte sollten diese Themenbereiche stets auf ihrem Radar behalten. Zudem kann die entsprechende Beratung durch Fachleute Alternativen in Sachen Baufinanzierung eröffnen.
Bildquelle Titelbild:
- Freedomz/shutterstock.com